Neue Erfahrungen auf einem traumhaft schönen Berg!
Der Vilan ist ein 2376 m hoher Berggipfel des Rätikongebirges im Schweizer Kanton Graubünden. Nicht weit entfernt von der Grenze zu Österreich und Liechtenstein. Doch majestätisch und verführerisch interessant steht er da und blickt stolz auf das Tal herab.
Obwohl einige seiner Artgenossen im näheren Umfeld noch höher in den Himmel ragen, so wirken seine Alpen schon aus der Ferne verlockend. Kein Wunder, dass er in dieser Gegend als Wander- und Ausflugsziel sehr geschätzt wird.
Natürlich habe ich im Vorfeld einige Recherchen über diesen Berg eingeholt - man möchte ja nicht unvorbereitet hoch hinaus - doch gab er mir wenig Informationen über seine Steige am stolzen Haupt. Doch als ich aus dem Zug stieg, die trüben Wolken verschwanden und ich seinen Gipfel erstmals erkennen konnte, wurde mir sehr warm ums Herz. Ich wollte nur noch darauf!
Dass jedoch mit dem nötigen Respekt, den man mitbringen muss, wenn man nicht unbedingt eine Gams ist. Außerdem vermochte ich mir vorzustellen, wie es da oben sein wird. Mit dem Gößeck am Reiting und dem Kellerjoch im Zillertal hatte ich schon zwei Berge zwischen 2200 und 2400 erwandert.
Eine lehrreiche Tour beginnt...
Früh rappelt der Wecker. Im Hotel bin ich der Erste, der frühstückt. Ein Blick aus dem Fenster - wow - keine einzige Wolke am Himmel und angenehme Temperaturen. Das ist das perfekte Bergwetter. Ich packe meinen Bergrucksack und begebe mich zur Busstation, nur wenige Schritte von meinem Hotel in Maienfeld entfernt. Angenehme 10 Minuten später steige ich im benachbarten Malans aus. Besser gesagt bei der Busstation an der Talstation der legendären Älplibahn. Das ist keine gewöhnliche Bergbahn. Sie besitzt lediglich 4 Gondeln und man muss vorher telefonisch reservieren. Meine Talfahrt ist für 15:15 fixiert. Jetzt ist es 8:00 morgens. Das sollte reichen.
Ich starte auf ca. 650 Höhenmeter. Die ersten Meter wandert man entlang der letzten Bergbahnmasten vor der Talstation, ehe der Weg links in den Buochwald führt. Der Westhang des Gebirges liegt noch im Schatten, doch schon bald würde die Sonne auch über die Wipfel ragen. Gleich zu Beginn treffe ich auf einige Waldquellen und eine kleine Burgruine. Nach den ersten Kehren entlang des Saubodens und der Tschurschwand erreiche ich eine erste freie Aussichtsfläche...
Noch ist der Weg gemütlich und man sammelt nur sehr spärlich Höhenmeter. Auch ist man noch durch den Wald vor der Sonne geschützt, welche nun langsam zum Vorschein kommt. Zwischen dem Lerchwald und dem Rappengugg durchquere ich erstmals wieder die Älplibahn. Hier steige ich kurz steiler empor und erreiche den untersten Boden der Malans-Älpli.
Mittlerweile steht die Sonne bereits über mir und ich verstaue meine Weste und die Beinlinge im Rucksack. Ein schöner Karrenweg führt mich weiter nach oben zur Holzhütte am unteren Heuberg bzw. Heuboden.
Nun muss ich noch einmal in den Wald, doch angesichts der steigenden Temperaturen sicherlich kein Nachteil. Ich bewege mich entlang einer kleinen Waldlichtung zwischen dem Haslen-Tal und dem Uell-Bach sowie dem Turmsboden. Direkt vor mir tut sich der mächtige Berggipfel des Vilans auf. Noch hält er mir seine markanten Felsklüfte des Muggtobel als Warnung entgegen. Erneut kreuze ich die Älplibahn und begebe mich nun in den Älpliwald. Wenige hundert Meter später stehe ich dann plötzlich vor einem steilen Steig, der mich mit Kraftaufwand jedoch schnell weiter nach oben kommen lässt. Ich kämpfe mich immer weiter Schritt für Schritt durch den Kirchenwald nach Oben und erreiche schließlich das Älpli.
Das Älpli ist eine große begraste Viehweide auf 1700-1800 m Höhe. Mittlerweile kann ich auch schon die Bergstation der Älplibahn erkennen, doch meine Augen kleben förmlich am Lerchboden und den Felswänden des Vilans. Ich bin ihm ein großes Stück nähergekommen, doch er scheint immer noch so fern...
Nun habe ich die Bergstation der Älplibahn auf 1800 Meter erreicht und ich kann mich einmal stärken und meine Trinkvorräte auffüllen. Aus meinen Recherchen weiß ich, dass es zwei Möglichkeiten gibt auf den Vilan zu steigen. Entweder über die Sunntigsweid oder über den wesentlich anspruchsvolleren Bergsteig über das sogenannte Mürli. Dieser Steig würde mir eine halbe Stunde ersparen. Ich möchte meine Grenzen beim Bergwandern neu definieren und wähle genau diesen Steig. Und heute ist der perfekte Tag dafür, das zu wagen.
Ja - und dieser Steig beginnt mit dem steilen Aufstieg auf den Messhaldenspitz auf 2176 m. Ich würde die Steilheit mit dem Hausberg der Kitzbühler Streif vergleichen, nur dass ich mich hier in Serpentinen nach oben bewegen kann. Die letzten Bäume verschwinden unter mir und auch die Latschenfelder halten sich schnell zurück. Ich stehe nun auf exakt 2000 Meter und kann es nicht glauben, auf was ich mich eingelassen habe. Nicht dass es mir zu gefährlich ist, aber schon der steinige Pfad auf den Messhaldenspitz verlangt mir viel Kraft ab.
In der Ferne sehe ich eine Gruppe Bergwanderer, die vor mir marschiert. Ich weiß also immer schon vorher, was auf mich zukommen wird. Die letzten Meter auf den Messhaldenspitz sind so steil, dass ich mich phasenweise schon auf allen Vier hochziehen muss. Am Messhaldenspitz angekommen lege ich eine kurze Rast ein und genieße einmal den Ausblick in das Obertal...
Es geht weiter. Nun liegt der Gipfel des Vilans direkt vor mir. Vom Messhaldenspitz aus geht es noch mal kurz ein Stück bergab. Dann beginnt der Aufstieg zum Gipfel des Vilans. Und hier muss ich richtig tapfer sein. Der sehr schmale Steig führt rechts von mir ziemlich Nahe am Rand der Felskluft des schon besagten Muggtobelfellsmassivs. Links von mir ist die Weidefläche der Sunntigsweid durch einen Elektrozaun abgesperrt. Das heißt, ich bewege mich in einem Korridor von ca. 1,5 Meter zwischen dem Elektrozaun und einem ziemlich ungemütlich weiten Abgrund.
Aufgrund meiner Höhenangst beschließe ich kühlen Kopf zu bewahren und setze ruhig einen Schritt nach dem Nächsten. Egal wie lange es dauert. Hier ist es wichtig konzentriert zu bleiben. Der Steig wird immer steiler und steiler desto näher ich dem Gipfel komme. Schließlich packe ich meine Wanderstöcke weg, denn auf den letzten Metern ist der Steig so schräg das ich wieder Arme und Beine benötige, um besser nach oben zu kommen. Abgesehen vom Abgrund Rechts von mir besteht keine unmittelbare Absturzgefahr, trotzdem könnte es fatale Folgen haben, wenn man ausrutscht. Denn selbst in die Sunntigsweid hinab könnte man wohl nicht mehr aus eigener Kraft stoppen, wenn man sich einen Fehltritt leistet.
Für meine Verhältnisse mache ich das recht gut und bleibe bis zum letzten Stein konzentriert und sachlich gegenüber meiner Gipfeleuphorie. Und schließlich sinke ich am erreichten Gipfel in die Knie und stoße einen lauten Jubelschrei aus. GESCHAFFT !!! GIPFELSIEG !!! REKORDBERG !!!
Ich stehe also auf dem Vilan Gipfel auf 2376 Meter. Ich habe meine alte Bestmarke (2344 / Kellerjoch) überstiegen. Das Panorama ist so herrlich rings um mich, ich möchte gar nicht mehr runter. Klare Fernsicht, wohin man schaut. Es gibt zwar kein Gipfelkreuz, aber natürlich trage ich mich ins Gipfelbuch ein. Und dann sehe ich in der Ferne etwas für mich noch nie da gewesenes. Sehe ich doch tatsächlich weit in der Ferne den Biz Bernina (4049 m) - den ersten Viertausender, den ich mit eigenen Augen sehen darf. Doch, nicht nur das. Sogar Teile Zürichs und den Zürichsee kann ich von hier aus sehen. Wow! Vor mir liegt das schöne Tal um Chur, Malans, Maienfeld und Sargans am Rhein.
Auch der schönste Gipfelsieg endet leider einmal, denn ich muss meine Talfahrt mit der Älplibahn erwischen. Ich entscheide mich für einen Abstieg über die Sunntigsweid. Man sollte es mit dem Mürlisteig auch nicht übertreiben. Bergab ist er eventuell noch gefährlicher für Ungeübte. 1,5 Std. erreiche ich also wieder die Älplibahn Bergstation. Ich habe noch Zeit mich mit anderen Wanderern zu unterhalten und gönnte mir ein schönes finales Gipfelsieg-Bier ;-)
Dann ist es so weit. Mein Name wird aufgerufen und ich begebe mich in eine Gondel der Älplibahn. Abwärts gehts und 10 Minuten später stehe ich beim Ausgangspunkt dieser Tour, nämlich bei der Talstation der Älplibahn. Irgendwie schade, dass dieser Tag so schnell vergangen war, aber ich bin immer noch begeistert von dem, was mir heute wiederfahren ist. Ich spaziere noch nach Malans und steige dann zufrieden in den Bus, der mich zurück nach Maienfeld bringt.
Tourdaten:
Dauer: ca. 5,5 Std. (netto)
Kilometer: ca. 13,7
Höhenmeter hoch: ca. 1800
Höhenmeter abwärts: ca. 588
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